Sansui

Landschaft wird im chinesischen mit den Schriftzeichen „shan“ = Berg und „shui“ = Wasser dargestellt. Also Shanshui, im japanischen Sansui.

Als in der europäischen bildenden Kunst die erste explizite Landschaftsabbildung geschaffen wurde, Albrecht Altdorfers „Ansicht der Donau bei Regensburg“ von 1520, gab es in China darin bereits eine tausendjährige Tradition. Weit entfernt, bloße Gegend darzustellen, trachtete man, durch Landschaft tiefe Emotionen auszudrücken. Der Taoismus prägte die Vorstellung, dass die Natur kunstlos sei, und die angemessene Begegnung mit ihr sei Wertschätzung in Passivität und Kontemplation. Im gelungensten Falle verkörpern sie ein „Inneres Sansui“, einen geistigen Zustand der Ruhe und formlosen Schönheit.

Im hohen Maße wird diese Tradition in der Zen-Kunst fortgesetzt. Dogen deutet Sansui zu sehen als „Begegnung mit deinem Selbst, bevor es geboren war.“ Mit den Mitteln der „imaginativen Absenz“ (Tenshin Okakura), also abstrahierender Subtraktion von Realmotiven wird die Landschaft zum Ankerpunkt der Meditation und zum Tor nach Innen. Am augenfälligsten wird diese Kunstform in den Steingärten, in denen wenige Steine zu Bergen und der sorgfältig geharkte Sand zum Wasser werden. Absenz wird zur Essenz.

Die Bilder des chinesischen Landschaftsfotografen Wang Wusheng erreichen genau dieses „Innere Sansui“ und haben mich seit seiner Ausstellung im KHM Wien 1998 nicht mehr losgelassen. In der Serie „Sansui“ verneige ich mich vor ihm.